Ich liebe Pilze, ich liebe bildliche Vergleiche und ich verknüpfe gerne meine Erkenntnisse zu einem Thema mit grundsätzlichen Anliegen zu meinem Bild von Bildung. So auch zu unserem neusten Projekt im Colearning Bern.
Mit unserem Lernunternehmen “Pilzfarm” starten wir ein nachhaltiges Projekt. Die Idee: Mit dem Kaffeesatz aus der Effinger Kaffeebar züchten wir im Keller des Effingers Edelpilze und verkaufen unsere Produkte anschliessend wieder in der Kaffeebar. Wir lernen Pilze züchten und reflektieren begleitend unseren Lernprozess. Die Herausforderung: Wie gelingt es uns, Arbeitswelt und Lernwelt miteinander zu verbinden? Ich versuche mit diesem Blog ein paar Fakten über Pilze mit meinem Bild von Bildung zu verknüpfen. Fragend, behauptend und mit einem Lächeln stelle ich mein “Pilzsystem” vor.
Pilze erfüllen eine wichtige Funktionen im Ökosystem. Sie zersetzen totes organisches Material wie Holz, Laub, Tierkadaver und halten so den Nährstoffkreislauf in Gang. Das feuchtwarme Klima am Waldboden ist eine gute Ausgangslage für die Vermehrung. Pilze machen 40% der Biomasse der Erde aus. Pilze haben keine echten Wurzeln, keine Blätter und noch entscheidender, Pilze haben kein Blattgrün. Sie sind keine Pflanzen, keine Tiere, keine Bakterien, sondern bilden das eingeständige Reich der Pilze.
Woher komme ich? Wer bin ich? Was bin ich? Was will ich? Was kann ich? Wohin gehe ich?
Als Myzel wird die Gesamtheit der fadenförmigen Zellen eines Pilzes bezeichnet. Meistens wird nur der Fruchtkörper als Pilz bezeichnet, wobei der eigentliche Pilz dieses unterirdische Geflecht aus Zellen ist. Sie können keine Energie aus Sonnenlicht gewinnen sondern sind auf organische Nährstoffe angewiesen. Sie nehmen die Nahrung durch die Zellwand auf. Dazu geben sie bestimmte Proteine oder Säuren an die Umgebung ab, zum Beispiel auf das Stück Holz, auf dem sie wachsen. So wird das organische Material zersetzt und der Pilz nimmt die dabei entstehenden Nährstoffe wieder auf.
Und immer wieder die Frage: Was steckt dahinter? darunter? So vieles ist nicht bekannt. Das erfüllt mich mit DeMUT und Ehrfurcht Wir sind alle miteinander verbunden Zeig dich! Mach dich sichtbar!
Alexander Fleming bemerkte 1928 im Labor zufällig, wie Schimmelpilze der Gattung Penicillium, die in eine seiner Staphylokokken-Kulturen hineingeraten waren, eine wachstumshemmende Wirkung auf die Bakterien hatten. Weitere Untersuchungen führten später zum Antibiotikum Penicillin. Die Entdeckung dieses Medikamentes war ein Durchbruch in der Medizin. Plötzlich gab es einen Stoff, der Bakterien abtöten konnte und so wurde vielen Menschen das Leben gerettet.
Unser Lernweg geht oft Umwege und man trifft auf viel Unbekanntes, Neues, Unerwartetes. Misserfolge fordern heraus und führen zu ganz neuen entscheidenden Erkenntnissen. Fehler machen gehört zum Forschen, Lernen und Denken, wie Salz und Pfeffer in einem feinen Pilzgericht.
Die 350 essbaren Pilzsorten, die es weltweit gibt, bilden nur einen Bruchteil der Artenvielfalt. Schätzungen gehen von 3,5 bis sechs Millionen aus. Wissenschaftlich beschrieben sind etwa 150.000. Davon sind vergleichsweise nur wenige überhaupt für das blosse Auge sichtbar und bilden den typischen Fruchtkörper aus, den wir aus dem Wald kennen. Viele Pilze sind giftig, ungeniessbar und können Krankheiten auslösen. Die Substanzen, welche die Pilze abgeben, sind aber hochinteressant als Pharmazeutika und Chemikalien. Dazu zählen zum Beispiel Statine, eingesetzt als Blutdrucksenker, Cyclosporin, wichtig bei Organtransplantationen oder Drospirenone, die bei der Herstellung der Antibabypille verwendet werden. Um sie herzustellen, werden die Pilze in riesigen Bioreaktoren gezüchtet.
Für mich heisst das, es gibt nicht nur das Gute oder das Böse. Es gibt auch das Gute im Bösen oder das Böse im Guten. Es ist nicht immer schwarz oder weiss, gut oder schlecht. Es gilt auch in der Bildung die Balance zu suchen und zu finden. Wir brauchen Ambiguitätstoleranz: Wir lernen mit dem Nichtwissen tanzen und dem Unbekannten jonglieren.
Die Fähigkeit der Hefepilze, Kohlenhydrate zu Kohlendioxid und Alkohol umzusetzen, wird bei der Lebensmittelherstellung genutzt. Den Prozess nennt man Gärung. Bereits im antiken Ägypten wurde beim Brotbacken und Bierbrauen Hefe verwendet. Aber erst 1857 konnte der französische Mikrobiologe Louis Pasteur zeigen, dass ein kleines, einzelliges Lebewesen, der Hefepilz, für den Gärungsprozess verantwortlich ist.
In der beziehungsorientierten Bildung gilt: Kleine Dinge haben oft grosse Wirkung. Ein Lächeln, eine freundliche Geste oder Stimme, ein lobendes Zunicken, ein interessiertes Zuhören oder ein Danke bewirken, dass sich im Gegenüber etwas entwickelt und wandelt.
Mykorrhizapilze leben in Symbiose mit den Wurzeln höherer Pflanzen. Dabei erfüllen Pilze in der Natur enorm wichtige Funktionen: Über 90 % unserer Landpflanzen leben in enger Verbindung mit Pilzen, die bei deren Nährstoffaufnahme, Stressresistenz und Humusbildung eine zentrale Rolle spielen und das Überleben sichern.
Wir sind aufeinander angewiesen, sind soziale Wesen, leben und lernen gerne in Gemeinschaft. Teilen, Teilhabe, Anteilnahme sind wichtige Grundsätze im Colearning. Wir gestalten aktiv Beziehungs- und Bindungsfähigkeit. Menschen lernen von und mit Menschen.
Pilze als Nahrungsmittel sind weltweit bekannt. Manche erinnern in Geschmack und Konsistenz sogar ein bisschen an Fleisch. Der Trend geht dahin, Fleischersatzprodukte aus Pilzmyzel herzustellen. Das Pilzfleisch ist gesund, es enthält Proteine, Aminosäuren und Ballaststoffe. Der Fleischersatz aus dem Bioreaktor ist viel effizienter und nachhaltiger als das tierische Original. Für die gleiche Menge Protein aus Pilzen wird bei Rindfleisch zehnmal, bei Hühnerfleisch doppelt so viel Wasser verbraucht. Und: Die ersten Pilzfäden können bereits nach wenigen Stunden geerntet werden. Es lassen sich auch Produkte ersetzen, die eigentlich auf Erdöl als Rohstoff basieren. Zum Beispiel Plastik oder Styropor. Denn Pilzfäden können in beliebigen Formen wachsen, werden getrocknet und verarbeitet wie andere Materialien. Je nach Art und äusseren Bedingungen sind sie hart oder flexibel. Sie haben gute thermische Eigenschaften und könnten deshalb als Isolierung in Zügen, Autos, Flugzeugen oder Raumschiffen dienen. Oder als Verpackungsmaterial – im Gegensatz zum Styropor jedoch mit geringem CO2-Abdruck und 100 Prozent biologisch abbaubar. Mit den Chemikalien, die von den Pilzen produziert werden, können Medikamente oder Weichmacher hergestellt werden. Pilzfasern können beliebig geformt und weiterverarbeitet werden: Zu Schuhleder oder zu Bodenbelägen, ähnlich wie Linoleum, zu Wandverkleidungen, oder zu Stofffasern, ähnlich der Baumwolle. Dabei sind die Pilzprodukte in der Regel ökonomischer, nachhaltiger und biologisch abbaubar. Für ein Kilo Baumwolle beispielsweise braucht es rund 10.000 Liter Wasser. Die gleiche Menge Textilien aus Pilzen braucht nur 100 Liter. Den Pilz-Innovationen gehört die Zukunft, ein nachwachsender Rohstoff, nachhaltig und biologisch abbaubar.
Lernen geschieht im HIER und JETZT und ÜBERALL und IMMER. Bildung im Colearning ist mit wenig Aufwand nachhaltig, umfassend, vielfach anwendbar, offen für Neues … Alles ist möglich!
Nach der Reaktorkatastrophe in Tschernobyl fiel vor allem in den südlichen Alpentälern viel radioaktiver Regen, der bis heute in den Böden messbar ist. Pilze nehmen auch diese Stoffe auf und die Wildschweine, die gerne mit ihrer Schnauze im Boden wühlen und auch viel Pilzmyzel fressen verdauen neben anderen Schadstoffen auch das hochgiftige Cäsium: Fast die Hälfte der gejagten Wildschweine im Misox musste entsorgt werden. Der Cäsiumgehalt im Fleisch war zu hoch. Eine wichtige Randbemerkung: Unsere selber gezüchteten Edelpilze aus der Pilzfarm im Effinger sind garantiert cäsiumfrei, frisch und gesund.
ACHTUNG! Die Bildung, wie sie an vielen Schulen vermittelt wird, kann ihre Gesundheit gefährden. Fragen Sie Bildungsforscher:innen und die Colearner:innen im Coworking Effinger Bern.
Da meinte doch einer: Man kann alle Pilze essen - manche nur einmal.
Wenn vieles nicht sicher ist, dann ist alles möglich.